Hermann (Ludwig Heinrich)
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Biographische Chronik Varnhagen / Assing
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Biographische Chronik Varnhagen / Assing

1771 Rahel Varnhagen als Tochter von Chaje und Markus Levin in Berlin geboren (12. Mai).

1783 Rosa Maria Antonetta Paulina Varnhagen (28. Mai) in Düsseldorf geboren. Ihre Eltern sind Anna Maria geb. Kuntz, aus Straßburg gebürtig, und der aufgeklärte Stadt-Physikus und Medizinalrat Dr. Johann Jacob Andreas Varnhagen.

1785 Karl August Varnhagen in Düsseldorf geboren (21. Februar). Väterlicherseits stammen die Varnhagens aus Iserlohn.

1787 David Assur wird in Königsberg geboren (12. Dezember); als zwölftes Kind der
Kaufleute Assur Levi und Caja, geb. Mendel.

1789 Rosa Maria reist mit der Mutter ins revolutionäre Straßburg, wo ihr Vater später
vergebens eine Professur anstrebt.

1794 Wegen Jakobinismus aus Düsseldorf ausgebürgert, geht der Vater nach Hamburg. Mutter und Tochter folgen 1796.

1798 Tod des Vaters (5. Juni). Rosa Maria arbeitet als Erzieherin wie ihr Bruder, der zuerst (1800-03) Medizin studiert. In Berlin lernt er Chamisso, Fouqué, einige Jahre später (1806) Rahel kennen.

1806 Karl August Varnhagen wechselt auf die Universität Halle (Dezember). Philologische und philosophische Studien bei Heinrich Steffens, Schleiermacher und Friedrich August Wolff.

1807 Nach der Aufhebung der Universität kehrt Varnhagen nach Berlin zurück und lernt Johannes von Müller kennen (Mai).

1808 Aufenthalt nach Tübingen. Karl August Varnhagen lernt Ludwig Uhland kennen. Das Verlöbnis mit Fanny Herz wird gelöst.

1809 Aufenthalt in Wien. Karl August Varnhagen lernt Justinus Kerner und Wilhelm
Friedrich Meyer, den Autor des Romans Dya-na-sore kennen.

1810 Karl August Varnhagen ist als Adjutant des Obersten Bentheim in militärischen
Diensten.

1811 Karl August, inzwischen Adjutant in militärischen Diensten, nimmt den Adelstitel
seiner Vorfahren "von Ense" an. Mit einem Kredit ihres Arbeitgebers gründet Rosa Maria ein Mädchenpensionat in Altona, publiziert als "Rosa Maria" Lyrik und Novellen in Journalen und Musenalmanachen. Freunde: Amalie Schoppe, Justinus Kerner (ab 1809), Uhland, der Dichterarzt Dr. David Assur (1812), später Heinrich Heine, Friedrich Hebbel, Salomon Steinheim und viele Schriftsteller des Jungen Deutschland.

1813-1815 Karl August Varnhagen (im österr. u. russischen Dienst) und David Assur (als Regiments-Chirurg im Bülowschen Korps) beteiligen sich an den Freiheitskriegen gegen Napoleon. Rahel organisiert ein Hilfswerk für Verwundete in Prag.

1814 Karl August Varnhagen heiratet Rahel (27. September), nimmt mit ihr am Wiener
Kongreß teil. Staatskanzler Hardenberg macht ihn zum preußischen Minister-Residenten in Baden. Freunde der Varnhagens: Goethe, Humboldt, Hegel, , Heine u. v. a.

1816 David Assur läßt sich taufen (19. Februar), schwört unter dem Namen "David Assur Assing" den Hamburger Bürgereid (29. März) und wird städtischer Armenarzt. Er heiratet Rosa Maria (1. Mai), das Paar wohnt zunächst im jüdischen Viertel, später in der Poolstraße.
Ihr erster Sohn Carl Eginhardt (geb. 9. März 1817) wird nur zehn Monate alt.

1819 Ottilie Davida Assing in Hamburg geboren (11. Februar). Karl August Varnhagen wird auf Betreiben Metternichs von seinem Posten abberufen und in den Wartestand versetzt; im Oktober Rückkehr mit Rahel nach Berlin (Mauerstr. 36).

1821 Rosa Ludmilla Assing in Hamburg geboren (22. Februar).

1833 Rahel Varnhagen stirbt in Berlin (7. März); Karl August ediert Rahel. Ein Buch des
Andenkens für ihre Freunde.

1840 Rosa Maria Assing stirbt in Hamburg (22. Januar); ihre gesammelten Gedichte und eigene Nenien gibt David Assing heraus.

1842 David Assur Assing stirbt (25. April). Im September ziehen die (finanziell
unabhängigen) Schwestern zu ihrem Onkel nach Berlin. Ludmillas Freunde: Karl Gutzkow, Theodor u. Klara Mundt, Gottfried Keller, Emma Herwegh, Feodor Wehl u. v. a.

1843 Ottilie verläßt im Streit mit dem Onkel Berlin (11. September); in Hamburg finanziert sie das Theater von Jean Baptiste Baison.

1846 Von Ludmilla (Pseudonym: Achim Talora) erste Feuilletons und Novellen im
Telegraph für Deutschland, später Deutsche Allgemeine Zeitung, Europa, Jahreszeiten. Für letztere schreibt auch Ottilie, sowie für das Morgenblatt für gebildete Leser; anonym veröffentlicht sie 1851 in Hamburg die Biographie des inzwischen verstorbenen Schauspielers Baison.

1848 Ludmilla Assing und Varnhagen bejahen die Revolution. Ihre Augenzeugenberichte vom Barrikadenkampf erscheinen. Gewaltdrohung gegen Assing in der Vossischen Zeitung (25. Oktober), die von Karl Marx herausgegebene Neue Rheinische Zeitung nimmt sie in Schutz.

1853 Ottilie Assing wandert in die USA aus, wird Geliebte und Mitarbeiterin des
afro-amerikanischen Bürgerrechtlers Frederick Douglass, dessen Buch My Bondage And MyFreedom sie übersetzt, dt. Sclaverei und Freiheit (Hamburg 1860).

1856 Varnhagen schenkt Ludmilla Assing, seiner literarischen Nachlaßverwalterin, die
Handschriftensammlung (7. Dezember).

1857 erscheint Ludmilla Assing: Gräfin Elisa von Ahlefeldt, die Gattin Adolphs von Lützow,die Freundin Immermann's. In der reaktionären Kreuzzeitung Angriffe auf die Autorin unter dem Titel Emancipirt!. Die Autorin nimmt Zeichenunterricht und lernt Italienisch.

1858 Karl August Varnhagen von Ense stirbt in Berlin (10. Oktober); Bd. 8 und 9 seiner von 1937 an (seit 1843 in zweiter Auflage) erscheinenden Denkwürdigkeiten und vermischten Schriften gibt Ludmilla Assing heraus. Bei der Versteigerung eines Teils seiner Bibliothek hilft Ferdinand Lassalle.

1859 Schweiz-Reise mit Lassalle und Gräfin Hatzfeld. Ludmilla Assing: Sophie LaRoche,
die Freundin Wieland's erscheint. 1860 Die Briefe von Alexander von Humboldt an
Varnhagen von Ense erleben fünf Auflagen hintereinander in acht Wochen, Nachdrucke und Übersetzungen in England, USA, Frankreich, Dänemark. Schweiz. Scharfe Polemik gegen die Herausgeberin, das Buch wird von Demokraten gefeiert, von Reaktionären geächtet.
Erste Reise nach Italien (Grenzübergang 6. September).

1861 Vorbereitung der Tagebücher von K. A. Varnhagen von Ense (14 Bände), die ab
Oktober in Leipzig erscheinen und noch heftigere Reaktionen auslösen. Ferner bringt
Brockhaus aus dem Varnhagenschen Nachlaß Tagebücher von Friedrich Gentz zum Druck (in einem Band), Briefe Rahels an David Veit und Briefe von Ludwig Börne an Henriette Herz. Zweite Reise Ludmilla Assings nach Italien; im Oktober kommt Ludmilla Assing zum ersten Mal nach Florenz, schreibt von dort für Frankfurter Zeitung, Gartenlaube, Deutsche Rundschau etc.

1862 Ludmilla Assing setzt ihre Reise nach Rom (Januar) und Sizilien fort (Februar/März).
In der Zeitschrift Unterhaltungen am häuslichen Herd erscheint ihre Übersetzung von Piero Cironi: Kunst und Industrie in Italien (6. Februar). Rückkehr nach Florenz (17. April), wo sie sich niederläßt. In Preußen werden Zeitungen beschlagnahmt, die 1848er-Tagebücher Varnhagens nachdrucken (Mai). Assing entschließt sich, der gerichtlichen Vorladung (28. Mai) nicht zu folgen. Sie wird in Abwesenheit zu acht Monaten Haft verurteilt (4. August).
In Florenz hat sie ein Liebesverhältnis mit Piero Cironi, der im selben Jahr stirbt (1.
Dezember). Sie übersetzt seine Kunst der Rebellen und Die nationale Presse in Italien
(Leipzig: Brockhaus 1863); schreibt eine Vita Piero Cironi (Prato 1865; dt. Piero Cironi, Ein Beitrag zur Geschichte der Revolution in Italien, Leipzig: Matthes 1867).

1863 Gegen die Herausgeberin der Varnhagenschen Tagebücher wird ein Steckbrief erlassen (11. März). Sie wird die Geliebte des Journalisten Andrea Gianelli, der verheiratet ist und eine Tochter hat. Ludmilla Assing erkrankt bei Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Carlo (September), der nach 25 Tagen stirbt. Heimlich wird ihr das Varnhagenarchiv nach Florenz gesandt, wo es der Heine-Biograph Charles Berthoud benutzt (19. Dezember), später Karl Hillebrand, Adolf Kohut u.v.a. Erste italienische Artikel von ihr in der Unità Italiana (Milano). Varnhagens Tagebücher werden beschlagnahmt (Bände 3-4 im April, 5-6 im August). Der Verleger Brockhaus in Leipzig gerät unter Druck (Verbot seiner Deutschen Allgemeinen Zeitung) und lehnt die weitere Publikation ab.

1864 Zweiter Prozeß (22. Februar) gegen Ludmilla Assing wg. Majestätsbeleidigung u.a.; Verurteilung zu zwei Jahren Gefängnis.

1865 Ludmilla Assing in Sorrent. Gespräche mit Bakunin, dessen Artikel sie übersetzt. Sie übersetzt auch Mazzinis Antwort auf den Papst für die Allgemeine deutsche Arbeiter-Zeitung (26. März) und publiziert erstmals mit Namensnennung im Popolo d'Italia (18. August).
Trennung von Gianelli (28. November), den sie weiterhin finanziell unterstützt.
Beschlagnahme in Zürich gedruckten Fortsetzung der Tagebücher (Bände 7 und 8, im Mai). In Leipzig läßt sie einen Band Briefe von Bettine v. Arnim, Heine und vielen anderen drucken; in Stuttgart den Briefwechsel Rahels und Varnhagens mit Konrad Engelbert Oelsner.

1866 Reise nach London, Paris, Zürich und Lugano (Mai-September), sie interviewt Mazzini und Grilenzoni. Paolo Mantegazza druckt ihren Aufsatz La posizione sociale della donna. Aufhebung des Steckbriefs (15. November) nach einer Generalamnestie.

1867 Die Herausgeberin unterliegt im Prozeß gegen den Zürcher Verleger Reimmann, der den Weiterdruck der Tagebücher verweigert (28.2.; Zeuge: Gottfried Keller). Die letzten 6 Bände druckt Hoffmann & Campe in Hamburg. Deutschlandreise, Rahel wird neben Karl August bestattet (Berlin, Dreifaltigkeitsgemeinde). Bei Brockhaus erscheinen Briefe von Wilhelm v. Humboldt, Chamisso, Pauline Wiesel u.a. (2 Bände). Ludmilla Assing läßt sich ein Haus in der Via Luigi Alamanni 27 bauen und wird ständige Korrespondentin der Neuen Freien Presse (Wien); später schreibt sie auch Buchkritiken für die Wiener Abend-Post.
Weiterhin schreibt sie Korrespondenzen für die Frankfurter Zeitung und Handelsblatt.

1868 Varnhagens Tagebücher Band 9 bleibt unbehelligt; ebenso die Blätter aus der
preußischen Geschichte (5 Bände). Übersetzung von zwei Bänden gesammelter Schriften Giuseppe Mazzinis. 23.-26. Dezember.: Reise nach Lugano. Sie besucht einen alternden Revolutionär des Risorgimento und schreibt seinen Nekrolog: In memoria di Giovanni Grilenzoni.

1870 La Favilla druckt einen Aufsatz Ludmilla Assings über Saggio critico sul romanzo in Germania. Novelle Aus der Florentiner Gesellschaft in Westermann's Illustrirten
Monatsheften. Aus Varnhagens Nachlaß erscheinen Biographische Porträts mit Briefen u.a. von Ferdinand Koreff, Karoline de la Motte-Fouqué und Clemens Brentano. Von nun an jährlich Reisen, einmal auch mit ihrer Schwester Ottilie nach Deutschland, eine Rückkehr dorthin lehnt sie jedoch ab.

1871 Ludmilla Assing erbt den literarischen Nachlaß des Fürsten Hermann von - Muskau, dessen Biographie sie schreiben soll. Von ihrem Onkel Varnhagen ediert sie 19 Bände Ausgewählter Schriften bei Brockhaus (1871-1876).

1873 Sie bietet der Königlichen Bibliothek in Berlin ihre Bücher-, Bilder-, Zeitungs- und
Autographensammlung als Vermächtnis an (5. Juli), unter der Bedingung, alles
zusammenzuhalten und "der öffentlichen Nutzung möglichst [zu] überlassen". Tagebücher von Friedrich Gentz (auf 4 Bände erweitert, 1873-74), die Biographie des Fürsten (2 Bände, 1873-74), Briefe und Tagebücher aus dessen Nachlaß (9 Bände., 1873-76).

1874 Attentatsprozeß gegen eine Vielzahl zu Unrecht beschuldigter Sozialisten in Florenz (u.a. gegen deren Anwalt Salvatore Battaglia), über den Ludmilla Assing berichtet.
Briefwechsel zwischen Rahel und Karl August Varnhagen (in 6 Bänden 1874/75) und Briefe von der Universität in die Heimath von Adolf Müller erscheinen bei Brockhaus in Leipzig.
Gründung eines deutschen Lesezirkels in Florenz (2. November). Ludmilla Assing lernt und liest Lateinisch. In ihrem Salon verkehren u.a. de Gubernatis, dall'Ongaro, Verga, Hillebrand, Campanella und die Brüder Battaglia. Assings Verlöbnis mit dem 25jährigen Bersaglieri-Offizier Cino Grimelli, den sie heiratet (13. Dezember), löst in Deutschland einen Presseskandal aus. Wenige Monate später wird mit Hilfe des Advokaten Salvatore Battaglia die Ehe geschieden; als Redakteur in Modena nimmt sich Cino Grimelli im September 1878 das Leben.

1876 Ludmilla Assing erneuert ihr Testament (15. Juli); setzt Salvatore Battaglia als
Nachlaßverwalter ein.

1878 Aus Rahels Herzensleben. Briefe und Tagebuchblätter druckt Brockhaus in Leipzig.
Für ihre letzten Buchprojekte - Biographien über ihre Eltern und Julie Bondeli - , findet
Ludmilla Assing keinen Verleger. Artikelserie Italienische Briefe für Cottas Allgemeine
Zeitung (bis Anfang 1880); in Italien schreibt sie u.a. für La Nazione, Gazetta d'Italia, Lo Zenzero.

1880 Ludmilla Assing stirbt (25. März), nach kurzer Erkrankung und vorübergehendem Aufenthalt in der Heilanstalt für Geisteskranke, San Bonifazio in Florenz, in ihrem Haus an Meningitis. Die Königliche Bibliothek erhält ihren literarischen Nachlaß (außer ihren Verlagsbriefen und italienischen Papieren); das sonstige Vermögen dient zur Gründung einer Schule in Florenz mit obligatem Deutschunterricht und Erziehung "secondo i principii della vera democrazia". Ottilie erbt nur den Schmuck ihrer Schwester und muß ihr lebenslanges Wohnrecht in der Via Luigi Alamanni 27 mit Federico Campanella teilen (der aber bis zu seinem Tod 9. Dezember 1884 in einer Etagenwohnung Via Borgognissanti 39 lebt).

1881 Überführung der Varnhagensammlung nach Berlin. Cesare Sighinolfi gestaltet Assings Grabbüste (auf dem Friedhof Agli Allori). Aus den USA zurückgekehrt, bemüht sich Ottilie vergebens, das Testament ihrer Schwester anzufechten und läßt sich in Florenz nieder.

1882 König Umberto I. bestätigt Statuten der "Scuola Ludmilla Assing" (30. März), deren Verwaltung ein Verein übernimmt. 1884 An Krebs erkrankt, scheidet Ottilie Assing in Paris im Bois de Boulogne freiwillig aus dem Leben (21. August).

1907 Die Scuola Ludmilla Assing wird Handelsschule und von der Stadtverwaltung mit 1000 Lira im Jahr subventioniert. Unterricht: Englisch, Maschinenschreiben; Mazzinis I doveri dell'uomo soll die demokratische Erziehung gewährleisten.

1936 Letzte Erwähnung (9. Mai) der Scuola Ludmilla Assing in den Registri Generali des Florentiner Stadtarchivs.

Autor: Dr. Nikolaus Gatter

Varnhagen Gesellschaft e. V.
Weisshausstr. 17
D-50939 Köln

Fon 0221 / 42 54 30
Fax 0221 / 33 69 27 31


mailto:gesellschaft @ varnhagen.info

Varnhagen-Gesellschaft auch unter:
http://www.varnhagen.info

 

 

http://www.fuerstpueckler.de
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